Die Kerze: Gebet ohne Worte

-
Foto: Uwe Rieder
Das Osterfest lässt unseren Blick auf die Kerzen in unseren Kirchen werfen. Das Anzünden einer Kerze in der Kirche ist ein greifbares Zeichen des Glaubens. Von der Taufkerze bis zur Opferkerze: Das Licht der Kerze ist ein Symbol der Liebe zu Gott. Licht als Symbol für Christus, der von sich selbst sagte: „Ich bin das wahre Licht“, und der für uns alle das Licht Gottes verkörpert, das die Welt erleuchtet, das den Tod besiegt und die Finsternis zum Rückzug zwingt.
Die Osterkerze ist sicher die bedeutsamste Kerze in der katholischen Kirche. Sie wird in der Osternacht bei der Feier der Auferstehung Jesu Christi entzündet. Ihre Flamme bringt Licht in die dunkle Kirche und diese Flamme wird an alle Gläubigen verteilt. Da sieht man dann, dass das Sprichwort „Ein Kerzenlicht ist das Einzige, was nicht weniger wird wenn man es teilt, sondern mehr“ die Wahrheit sagt.
Bei der Taufe, dem Sakrament, das den Eintritt des neuen Christen in sein religiöses Leben markiert, zündet der Vater oder Pate die Taufkerze mit der Flamme der Osterkerze an, die zu diesem Anlass am Taufbecken oder Altar brennt. Auf diese Weise machen sie das Kind zu einem Kind des Lichts, das durch sein Leben, seine Taten und seinen Glauben dazu bestimmt ist, das Feuer der Liebe zu nähren, das entzündet wurde, um seine Wiedergeburt zu begrüßen.
Die Kommunionkerze ist ein Symbol für die Gemeinschaft und das Licht der Welt. Die Kinder tragen mit ihrer Kommunionkerze das Licht hinaus in die Welt. Sie erinnert die Kinder an ihr Fest und kann bei besonderen Gelgenheiten zu Haus jederzeit entzündet werden.
Die Hochzeitskerze, auch Traukerze oder Brautkerze genannt, ist eine Tradition aus dem Mittelalter. Ihr Schein sollte böse Geister vertreiben. Sie sollte außerdem die Gebete und Glückwünsche für das Brautpaar näher an den Himmel tragen, war aber früher auch einfach eine Lichtquelle.
Opferkerzen haben eine lange Tradition
Wir Menschen sind seit Anbeginn der Tage auf der Suche nach Sinn – und nach einem wegweisenden Licht im Leben. So ist es nicht überraschend, dass wir seit vielen Jahrtausenden Kerzen als symbolisches Opfer anzünden, um uns göttlichen Beistand zu erbitten. Davon berichtet schon das Alte Testament. Und dieser alte Brauch hat sich bis in die heutige Zeit erhalten. Ob für sich selbst oder für einen lieben Menschen, ob in den eigenen vier Wänden, am Opferstock in der Kirche oder auf Reisen in fernen Ländern – eine Kerze anzuzünden kann eine wahre Wohltat für die Seele sein. Dieses kleine Symbol der Hoffnung und des Glaubens hat für viele Menschen eine besondere Bedeutung.
Das Ewige Licht ist ein in einem roten Glas brennendes Öllicht neben dem Tabernakel. Es weist auf die Gegenwart Christi in der Eucharistie hin.
Das um die Weihnachtszeit meist an unseren Krippen stehende Friedenslicht aus Bethlehem ist ein Zeichen der Hoffnung und ein Brückenschlag in den Nahen Osten. Es will die Menschen daran erinnern, sich für den Frieden einzusetzen. Als Zeichen der Hoffnung hat sich das Friedenslicht in wenigen Jahren von einer kleinen Flamme zu einem Lichtermeer ausgeweitet. So wie die kleine Flamme, aus der Geburtsgrotte Jesu entsprungen, millionenfach von Kerze zu Kerze und von Hand zu Hand weitergegeben wird, so soll auch der Friede von Mensch zu Mensch wachsen.
Kerzen auf dem Altar während der Messfeier sind erst seit dem 11. Jahrhundert üblich. Zuvor wurden Leuchter neben dem Altar aufgestellt oder zum Einzug zur Begleitung des Kreuzes oder bei der Evangeliumsprozession zur Begleitung des Evangeliars (besonderes Buch mit den Texten der vier Evangelisten) getragen. Heute sind zwei, vier oder sechs Kerzen auf oder in der Nähe des Altars während der Messfeier vorgeschrieben. Bei einer Messfeier mit einem Bischof sollten sieben Kerzen aufgestellt werden. Da die Symbolik der Kerze nicht nur in ihrem Licht sondern auch im Sich-Verzehren liegt, sind Kerzenattrappen oder Kerzen mit flüssigem Brennstoff kein gleichwertiger Ersatz.
Die Kerzenweihe am Fest Darstellung des Herrn am 2. Februar („Lichtmess") ist - anders als andere Kerzensegnungen - untrennbar mit dem Fest verknüpft und Bestandteil der Eucharistiefeier vom Festtag. Diese Kerzenweihe ist von besonderer Bedeutung, weil sie zum einen zusammen mit der Lichterprozession das Festgeheimnis des Tages („Christus als unser Licht") zum Ausdruck bringt und weil zum anderen die Kerzen für den gottesdienstlichen Gebrauch in der Gemeinde und ihrer Kirche gesegnet werden.
Petra Grüttner
Das untere Foto zeigt eine besondere Art der Kerzenpräsentation in der Laurenskerk in Rotterdam. Foto: Petra Grüttner